„Eine andere Haltung nur abzulehnen, tut uns nicht gut”

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Gesellschaftliche Fronten, die sich immer mehr verhärten – ein Experte erklärt, was sich ändern müsste

Krisen, Streit und Unzufriedenheit, wohin man blickt im Land: Wie kann man wieder zusammenfinden? Das haben wir Dr. Roland Verwiebe gefragt. Er forscht an der Uni Potsdam zu sozialer Ungleichheit und Wertewandel.

Herr Dr. Verwiebe, warum ist die Stimmung aktuell so aufgeheizt im Land?

Der schlechte Zustand von Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen und öffentlicher Infrastruktur, Personalmangel, Klimawandel, wachsende Zuwanderung – wir sind mit einer Vielzahl von Krisen konfrontiert und das ist eine neue Erfahrung für uns. Dazu kommen materielle Sorgen, die hohe Inflation, wachsende soziale Ungleichheit und schwindendes Vertrauen in die Politik. Und: Bis zu 50 Prozent der Deutschen glauben mittlerweile, dass sie ihre Meinung nicht mehr frei äußern können.

Woher kommt diese Wahrnehmung, dass man nichts mehr sagen kann?

Weil es aus meiner Perspektive bei zentralen Debatten eine Verengung des Diskurses gibt, auch in den Medien. Zum Beispiel in der aktuellen „Taurus“-Diskussion: Mehr als die Hälfte der Deutschen findet es richtig, dass der Kanzler die Raketen nicht in die Ukraine liefert - in den Medien hört man aber fast nur Stimmen, die ihn dafür kritisieren. Oder: Im Osten sind viel mehr Menschen für Verhandlungen im Ukraine-Krieg statt für Waffenlieferungen - zu welchen Parteien sollen sie gehen? Sie haben keinen politischen Ort mehr. Zumindest nicht bei den bürgerlichen Parteien.

Roland Verwiebe
FOTOS: SuperIllu/Andreas Wetzel (3), Viba, Potsdam/Sandra Scholz, Landesverband Thüringer Karnevalvereine e.V.

Haben Ostdeutsche wegen ihrer Geschichte eine größere Erwartungshaltung an den Staat?

Eine interessante Frage. Ich g

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