Ein Pazifist, humorvoll, kritisch, rätselhaft

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LITERATUR

Für seine Kinderbücher wird Erich Kästner geliebt, dabei schrieb er auch für Erwachsene. Zu seinem 125. Geburtstag lohnt sich das Wiederlesen, besonders seine politischen Beobachtungen sind aktueller denn je

Emil Tischbein ist verzweifelt: Man hat ihm sein ganzes Geld gestohlen! Wer je Kästners bekanntestes Werk durchschmökerte, fieberte mit bei der atemlosen Verfolgung des Diebs quer durch Berlin. Was für eine Erleichterung, als „Emil und die Detektive“ den Langfinger endlich stellen!

Andrea O‘Brien, Chefin im Dresdner „Erich-Kästner-Haus für Literatur“, weiß, warum sich Mädchen und Jungen seit vielen Generationen für Emil & Co. begeistern: „Für Kinder ist Kästner auch heute noch ein Autor auf Augenhöhe. Mit seiner klaren Sprache, seinem großen Einfühlungsvermögenöffneter ihre Herzen.“

Nur wenige deutschsprachige Autoren bleiben so lange so lebendig, und das weltweit: Sein scharfäugiges und -züngiges Werk mit klarer pazifistischer Haltung wurde in 50 Sprachen übersetzt. Besonders seine zeitkritischsatirischen Gedichte wirken bestürzend heutig, erinnert sei etwa an „Kennst Du das Land, wo die Kanonen blühn?“ aus dem Jahr 1927.

Dass sein Leben und Schaffen nicht frei von tiefen Brüchen war, macht ihn umso menschlicher. Nach einer beschaulichen Kindheit im alten Dresden legte er erst in Leipzig, dann im „Babylon Berlin“ eine rasante Karriere hin. In nur wenigen Jahren veröffentlichte er etliche Bücher und Gedichtbände, schrieb für Film und Radio, publizierte in furioser Eile in allen journalistischen und literarischen Gattungen.

Den Aufstieg der Nazis verfolgte er staunend bis ungläubig. Als braune Studenten 1933 auf dem damaligen Berliner Opernplatz (heute Bebelplatz) auch seine Bücher verbrannten, war er aus fassungsloser Neugier persönlich dabei. Kästner-Kennerin O‘Brien: „Er hatte die NS-Welle, die sich da auftürmte, wohl einfach unterschätzt!“

Cover des Kinderbuch-Klassikers, der 1929 als Buch erschien und 1931 erstmals verfilmt wurde
Kästner und seine Mutter standen bis in die 40er Jahre in engem brieflichen Kontakt. Foto von 1932

Trotzdem kam für ihn eine Emigration nicht infrage. Im Gegenteil: Er nutzte diverse Schlupflöcher. Andrea O‘Brien dazu: „Er schaffte es lange Zeit, unter dem NS-Radar und gleichzeitig am Ball zu bleiben.“ Sein Meisterstück: 1943 schrieb er unter dem Pseudonym „Berthold Bürger“ das Drehbuch für denUFA-Film„Münchhausen“. Als Hitler davon Wind bekam, belegte er Kästner höchstselbst mit totalem Schreib

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